Auswirkungen des Infektionsschutzgesetzes auf den Praxisalltag

Am 23. April 2021 ist das neue Infektionsschutzgesetz in Kraft getreten. Mit dem neuen Gesetz wird die bundeseinheitliche Notbremse geregelt. D. h. überschreitet ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die 7-Tage-Inzidenz von 100, greifen dort ab dem übernächsten Tag die Maßnahmen aus der bundeseinheitlichen Notbremse. Das Ziel ist, die dritte Welle der Corona-Pandemie zu bremsen.

Neben bekannten Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen für private Treffen drinnen und draußen, der begrenzten Öffnung von Geschäften, eingeschränkte Freizeit- und Sportmöglichkeiten, zeitliche Ausgangsbeschränkungen und verhindertem Präsenzunterricht bei Inzidenzen über 165 gibt es auch Einschränkungen bei den körpernahen Dienstleistungen.
In diesem Blogbeitrag möchten wir Ihnen die aktuellen Regeln erläutern und auf einige Fragestellungen Antworten formulieren.

Viertes Gesetz zum Schutz der Bevölkerung, Absatz 1 Nr.8:
"die Ausübung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist, ist untersagt; wobei Dienstleistungen, die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen, sowie Friseurbetriebe und die Fußpflege jeweils mit der Maßgabe ausgenommen sind, dass von den Beteiligten unbeschadet der arbeitsschutz- rechtlichen Bestimmungen und, soweit die Art der Leistung es zulässt, Atemschutzmasken (FFP2 oder vergleichbar) zu tragen sind und vor der Wahrnehmung von Dienstleistungen eines Friseurbetriebs oder der Fußpflege durch die Kundin oder den Kunden ein negatives Ergebnis einer innerhalb von 24 Stunden vor Inanspruchnahme der Dienstleistung mittels eines anerkannten Tests durchgeführten Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorzulegen ist;"

Mit Betrachtung des Infektionsschutzgesetzes stellen sich für den Praxisalltag drei zentrale Fragen:

Wer darf öffnen bzw. arbeiten?
Diese Frage wird durch das IfSG ziemlich klar geregelt, d. h. alle Dienstleistungen, die medizinischen, therapeutischen, pflegerischen oder seelsorgerischen Zwecken dienen, dürfen weiterhin angeboten werden.

Eine Dienstleistung zu medizinischen Zwecken ist die Podologie, deshalb darf die Podologie uneingeschränkt ihre Leistungen anbieten.
Als weitere explizite Ausnahme die öffnen darf, wird die Fußpflege erwähnt. Hierunter fallen alle Angebote der Fußpflege, die nicht zur Podologie gehören. Alle anderen körpernahen Dienstleistungen wie z. B. Kosmetikstudios, Nagelstudios, Wellness & SPA müssen bei entsprechender Inzidenz leider schließen.

Unter welchen Voraussetzungen darf ich öffnen?
Die Voraussetzungen sind durch das IfSG definiert. Um öffnen zu können, muss weiterhin ein Hygienekonzept stehen (im Idealfall wird das Konzept mithilfe eines Protokolls dokumentiert), alle betroffenen Personen müssen eine FFP2 Maske oder vergleichbar tragen – vergleichbar ist eine KN95 Maske, jedoch nicht ein normaler OP-Mundschutz.
Zusätzlich zum IfSG gilt die Corona-Arbeitsschutzverordnung, dort werden weitere allgemeine Arbeitsschutzregelungen aufgeführt. Zum Beispiel müssen alle Beschäftigten, die tätigkeitsbedingt Körperkontakt zu anderen Personen haben, mindestens zweimal wöchentlich ein Testangebot von ihrem Arbeitgeber erhalten.

Zusätzlich zum IfSG definiert die BGW unterschiedliche SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards für die betroffenen Berufsbilder. Dort wird Bezug auf die korrekte Arbeitsplatzgestaltung (z.B. 10 Quadratmeter pro Person), Sanitär- und Pausenräume, die korrekte Lüftung, Hausbesuche und weitere speziellen Infektionsschutzmaßnahmen für Ihr Studio/Ihre Praxis genommen.
Weitere Informationen finden Sie hier. Aktualisiert wurde dieser Arbeitsschutzstandard zuletzt am 26. April 2021.

Wer muss sich testen lassen?
Kunden, die fußpflegerische Dienstleistungen in Anspruch nehmen, müssen ein negatives Ergebnis eines anerkannten Tests auf das Coronavirus SARS-CoV-2, das nicht älter als 24h sein darf, vorlegen. Patienten, die podologische Dienstleistungen in Anspruch nehmen, müssen keinen tagesaktuellen negativen Test vorweisen.

Im Folgenden möchten wir auf offene Fragen eingehen, die durch das IfSG nicht ausreichend beantwortet werden.

Was ist ein anerkannter Test?
Ein anerkannter Test ist ein Antigen-Schnelltest, der an einer offiziellen Stelle durchgeführt und dokumentiert wurde. Offizielle Stellen sind z. B. die öffentlichen Testzentren der Stadt, Testzentren von verschiedenen Privatanbietern mit offizieller Genehmigung der Stadt, Apotheken und Arztpraxen. Diese Testergebnisse werden in einem Dokumentationssystem gespeichert und die getesteten Personen erhalten ein Zeugnis, auf dem u. a. angegeben wird, wer bei wem, wann und mit welchem Ergebnis getestet wurde.

Wie können nicht mobile Patienten sich testen lassen? Darf ich meine Kunden selbst testen?
Das ist aktuell einer der größten Fragestellungen, die offen ist. Es gibt verschiedene offiziell genehmigte Anbieter für mobile Testungen, jedoch sind diese alle sehr kostspielig – ein mobiler Test liegt hier häufig bei ca. 75,00 €.

Eine weitere Möglichkeit bietet z. B. eine online Fortbildung der Dehoga, den Handwerkskammern Ihrer Regionen, dem Deutschen Roten Kreuz oder auch den Johannitern. Mit dieser Fortbildung dürfen Sie Antigen-Schnelltests durchführen bzw. beaufsichtigen. Damit Sie einen Test bescheinigen dürfen, benötigen Sie jedoch eine offizielle Genehmigung von Ihrer zuständigen Landesbehörde (Gesundheitsamt/Ordnungsamt). D. h. sobald Sie eine offizielle Genehmigung von Ihrer zuständigen Landesbehörde haben, dürfen Sie die Antigen-Schnelltests bei ihren ambulanten Behandlungen selbst durchführen und bescheinigen – natürlich unter der Berücksichtigung der hygienischen Voraussetzungen für eine Testung. Dies gilt genauso auch für Antigen-Schnelltests in Ihrem Studio.

Gibt es eine Testpflichtbefreiung für geimpfte Kunden?

UPDATE - 4. Mai 2021 – Ein Nachweis über ein negatives Testergebnis kann z. B. in Baden-Würtemberg seit dem 3. Mai 2021 auch durch einen Anbieter einer Dienstleistung im Rahmen der Inanspruchnahme durch die jeweiligen Kundinnen oder Kunden, sofern der Test durch fachkundige oder in der Anwendung der jeweiligen eingesetzten Test geschulten Personen vorgenommen und beschleunigt werden. Bitte beachten Sie hierzu die tagesaktuellen Verordnungen Ihres Bundeslandes. 
In manchen Bundesländern wie z. B. Baden-Württemberg gibt es eine Testpflichtbefreiung für Geimpfte oder bereits genesene Personen. Bitte informieren Sie sich in der jeweiligen Landesverordnung (FAQ’s) Ihres Bundeslandes für nähere Informationen.

Wie dokumentiere ich negative Schnelltests meiner Kunden?
Gemäß dem IfSG ist es ausreichend, wenn sich Friseure und Fußpfleger die Bescheinigung zum negativen Ergebnis vorlegen lassen. Damit Sie jedoch in einem Streitfall etwas schwarz auf weiß vorliegen haben, empfiehlt sich die Dokumentation der negativen Ergebnisse Ihrer Kunden. Dies kann zum einen händisch in der Karteikarte des jeweiligen Kunden erfolgen oder Sie kopieren die Bescheinigung des Kunden und legen diese mit der Karteikarte ab. Auch hier gelten wie bei allen anderen Gesundheitsdaten die Anforderungen der DSGVO. Bitte beachten Sie hierzu die datenschutzrechtlichen Informationen der Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Nach Wegfall des jeweiligen Verarbeitungszwecks (also spätestens dem Ende der Corona-Pandemie) müssen die erhobenen Daten unverzüglich gelöscht werden.

Hinweise: 

  • Bei dem neuen Infektionsschutzgesetz handelt es sich um bundeseinheitliche Maßnahmen, jedoch kann es in vereinzelten Bundesländern durch die jeweilige Corona-Landesverordnung strengere Regeln geben, die dann gelten. Die Basis ist jedoch immer das Infektionsschutzgesetz.

  • Aufgrund der aktuellen Situation gibt es sehr viele unseriöse Anbieter von Schnelltests auf dem Markt.
    Bitte überprüfen Sie die Seriosität eines Anbieter vor einer Bestellung, oder bestellen Sie bei Ihnen bekannten Anbietern. Unterschiedliche Anzeichen wie eine Homepage mit fehlendem Impressum und Datenschutzinformationen, Spam-Newsletter, viel zu günstige Preise und eingeschränkte Zahlungsarten (z.B. nur Vorauskasse oder Paypal) deuten häufig auf einen unseriösen Anbieter hin.


Disclaimer: Auch wenn wir für diese Informationen aufwendige Recherche betrieben haben, sind Fehler nicht ausgeschlossen.
Bitte gehen Sie bei Unklarheiten auf Ihre zuständige Landesbehörde (Gesundheitsamt/Ordnungsamt) zu. Auf den offiziellen Seiten Ihres Bundeslandes finden Sie alle für Sie relevanten Verordnungen.

Gerne dürfen Sie sich auch persönlich an uns wenden.
Ihr RUCK-Team

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